Gräfendorf
Ein kerniges Geschlecht im kleinen Dorf
Gräfendorf erfuhr seine erste urkundliche Erwähnung anno 1251, als die Zisterzienserinnen des Klosters Mariathron von Torgau nach Grimma/Nimbschen umzogen und sich ihre in den hiesigen Gefilden verblieben Besitzansprüche vom Markgrafen bescheinigen ließen. Darunter Lehnsbesitz im Dorf Greuendorph, dessen Lehnsherr der Markgraf war, woraus sich der Dorfname, „Dorf des (Mark) Grafen", abgeleitet wurde. Das Dorf hatte damit zur Zeit seiner Gründung keinen adligen Grundherren , sondern wurde von Beamten des Markgrafen des markgräflichen Amtes von Torgau aus verwaltet. Wie nebenan mit Audenhain geschehen, hatten deutsche Siedler ihr Greuendorph mitten hinein in den Urwald geschlagen.
Sorbische Vorbewohner kannte Gräfendorf nicht, die nächsten wohnten am Leiplock (sorbisch), zu deutsch Lindenhof. Die Legende berichtet von einer weiteren sorbischen Siedlung in Richtung Audenhain.
(Foto Luftbild: Gräfendorf hat seit seiner Gründung vor 800 Jahren den Wald vor der Haustür.
Foto: Heimatverein)
Ungünstige Boden- und Wasserverhältnisse versprachen bald keine satten Erträge auf den Äckern. Anzunehmen ist, dass schon in der Gründungszeit der umliegende Wald zum Haupternährer der Gräfendorfer Familien wurde. Holzkohle aus der Köhlerei, Pech aus der Harzgewinnung und Bau- und Feuerholz ließen sich gut verkaufen. Der Wald lieferte durch die Jagd Fleisch und Waldbienen den Honig. 1446 wird Gräfendorf erstmals als Vorwerk des Rittergutes Klitzschen genannt. Gräfendorf hatte damit einen adligen Grundherren. Das Vorwerk entstand wahrscheinlich auf verlassen Hufen (Bauerngrundstücken) oder auf neuen von den Klitzschener Rittergutsbesitzern veranlaßten Rodungen, die wie alle Adligen bestrebt waren, Besitz und Einkommen ständig zu steigern. Das große Glück schien den Rittern von Klitzschen hier nicht beschieden gewesen zu sein, denn ab 1625 taucht kein Klitzschener Besitzer mehr in den Gräfendorfer Analen auf. Von 1637 an liegt das Gut nach Zerstörung in 30jährigen Krieg 28 Jahre wüst. 1666 wird das Rittergut durch den Landesherren kanzleischriftsässig und mit Erb-und Obergerichtsbarkeit belehnt. Eine entscheidende wirtschaftliche Aufwertung das Gutes und Steigerung des Ansehens von Kammerrat Martin Tanike, dem neuen Gutsbesitzer.
Heute durch Wald, Bundesstraße und Eisenbahn getrennt erinnert nichts mehr daran, dass Gräfendorf bis in die 60er des 20. Jahrhunderts mit Klitzschen eng verzahnt war. Der Klitzschener Pfarrer hatte sich um das Heil der Gräfendorfer Christen zu kümmern, sie wurden in Klitzschen durch Ermangelung einer eigenen Kirche getauft, konfirmiert und getraut. Die Gutsherren von Gräfendorf hatten ihre eigne, noch immer vorhandene Loge in der Kirche zu Klitzschen. Bei jedem Wetter gingen die Gräfendorfer Kinder 4 km Waldweg bis Klitzschen in den Konfirmandenuntericht, wie der Pfarrer Feodor Frisch 1938 über eine schneereiche und sehr kalte Januarwoche notierte: „ Am Donnerstag, den 06.01.1938 vormittags 11 Uhr bis 1 Uhr nachmittags die übliche Konfirmandenstunde in Klitzschen in der Schule. Die Melpitzer Konfirmanden hatten sich durch den Schnee nicht durchzuringen versucht. Wohl aber die Gräfendorfer Knaben und Mädchen. Ein kerniges Geschlecht.“ Die insgesamt schwierigen Lebensbedingungen über Jahrhunderte im kleinen Dorf im Wald brauchte und brachte einen besonders starken Menschenschlag hervor.
(Foto Karte: Um 1800 teilte sich Gräfendorf noch deutlich in den Gutsbezirk (links) und in das Bauerndorf. Dazwischen wurden vor 200 Jahren noch der Felder bestellt.
Quelle: Sächsisches Meilenblätter (Ausschnitt))