Klitzschen
Von der Slawenburg zum stattlichen Rittergut
Klitzschen fand seine erste urkundliche Erwähnung 1251 in dem selbigen Dokument wie Gräfendorf, als der Markgraf von Meißen, Heinrich der Erlauchte, den Zisterzienserinnenkloster Mariathron den Besitz von drei Hufen Acker in der Klitzschener Feldflur bestätigte. In der Urkunde wird der Ort einmal Klitsene und einmal Klitsowe geschrieben, beide Male ist es die gleiche Bedeutung in sorbischer Sprache. Was übersetzt soviel wie Ort „An der sprudelnden Quelle“ bedeutet. An diesem wasserreichen Ort ließ ein lokaler Stammesführer der Sorben wohl schon im 6. Jahrhundert eine von einem Wassergraben mit hölzernen Palisaden verstärkten Erdwall umgebene hölzerne Burganklage erbauen, die vor allem als Fluchtburg für die hier lebenden Familien in Kriegszeiten diente. Von drei Seiten war die Burganlage zudem durch sumpfiges Gemälde geschützt. Das Dorf der Sorben schloß sich unmittelbar westlich auf leicht erhöhtem Gelände die Dorfstätte an.
Der die Burg umgebende wasserführende Wallgraben wurde in den 60er Jahre des 20. Jahrhunderts als Mülldeponie verfüllt.
(Foto: Von den einst staatlichen Rittergut mit wasserführenden Wallgraben läßt diese Ansichtskarte von etwa 1900 noch Einges erkennen. Der rechte altehrwürdige Teil des Rittergutes wurde 1980 abgerissen. )
König Heinrich I. und die darauffolgenden deutschen Könige belohnten ihre siegreichen Ritter nach der Eroberung des Sorbenlandes in Ermangelung von Gold und Silber in der Staatskasse mit Land und Burganlagen im eroberten Sorbenland. Die slawischen Fürsten und Stammesführer wurden bei Weigerung sich den deutschen Herren zu beugen, gewaltsam aus ihren Burgen entfernt. Ihre Stammsitze bekamen, beginnend ab 929, zumeist einen deutschen Ritter als neuen Herren. Dieser erhoffte sich mit der Arbeitskraft der dort lebenden Sorben, ein standesgemäßes Leben leisten zu können. Was sich in den darauffolgenden 200 Jahren nur zum Teil erfüllte, da sich die Sorben sogar mit bewaffneten Aufständen gegen die deutsche Grundherrschaft und Christianisierung zur Wehr setzten. Im 12. Jahrhundert wanderten deutsche Siedler in Klitzschen ein, offensichtlich ohne die sorbischen Bewohner aus der Dorflage zu verdrängen. Ein Teil der Feldflur war noch bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts als "Wendische Äcker" in den Flurkarten vermerkt. Zudem bestimmte die für sorbische Bewirtschaftung typische Blockflur noch bis ins 20. Jahrhundert die Gemarkung des Dorfes.
Der neuen deutschen Herren auf Klitzschen bauten die sorbische Wallanlage mit Wassergraben für seine Zwecke zum seinem steinernen Rittersitz um- und aus. Seine Kriegsknechte und Handwerker wie Schmiede, Stellmacher, Mauerer u.a. bekamen in Sichtweite des Herrenhauses ihr Grundstück zugewiesen, die Bauern im sich nach Osten streckenden unmittelbar anschließenden Bauerndorf. Hier wurden die Bauernhöfe in annähernd gleichen Hofgrößen, wie heute noch gut am Dorfanger sichtbar, dicht an dicht stehend, an die Bauernfamilien übergeben (verlehnt). Ob die alteingesessenen Sorben ihre neue Hofstelle an einem separaten Bereich des Dorfes bekamen oder mitten zwischen den Deutschen lebten, ist nicht abschließend erforscht. Das Rittergut Klitzschen hatte über 700 Jahre wechselnde Besitzer, darunter einige die als Amtmann in Torgau, Eilenburg bzw. Grimma regierten oder gar am Hof des Markgrafen in Meißen zu den Großen des Landes gehörten. Zu ihren Privilegien zählte das Stimmrecht auf den Landtagen. Sie unterstanden nicht dem Amt Torgau, ihre Steuern zahlten sie als "schriftsässige" Rittergutsherren direkt an den Landesherren. Für dieses Privileg hatten sie den Landesherren in Kriegszeiten mit Leib und Leben, mit Pferd und Ausrüstung auf eigene Rechnung zu dienen. Im Gegensatz zu Audenhain, wo ein ortsansässiger Bauer als Erbrichter über Recht und Gesetz wachte, hatte in Klitzschen der Ritter die richterliche Entscheidungsgewalt über die Dorfbewohner, die an ihn den größten Teil ihrer Abgaben zu zahlen hatten, sowie zu Hand- und Spanndiensten auf dem Rittergut verpflichtet waren. Dem Rittergutsbesitzer oblag das Patronat über die örtliche Kirche, dass hieß, er war für deren bauliche Erhaltung sowie die Versorgung des Pfarrers verantwortlich.
2021 liegt die Verantwortung für die Erhaltung der romanischen Kirche in den Händen der Kirchengemeinde, die sich zusammen mit dem Kirchenförderverein die Wiedererweckung der bislang noch schweigenden Kirchenorgel zum Ziel gesetzt hat.
(Mehr Infos auf YouTube -Klitzschen TV-)
Foto: in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts kamen bei Restaurationen im Kirchenschiff ursprüngliche Wandmalereien aus der dem 12. Jahrhundert zum Vorschein, die wohl ältesten kirchlichen Malereien der Region. Ein Teil des Dachstuhles stammt nach dendrologischen Untersuchungen ebenso aus dieser Zeit.