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Sorben bis neue Dörfer

Lužičkosrpska_plemena

Sorbisch, Polnisch, Tschechisch oder Deutsch?

Rund um das Sorbenland konstituierten sich im 10. Jahrhundert nationale Königreiche. Westlich der Saale das karolingische Königreich, auf der südlichen Seite des Erzgebirges formierten sich die Tschechen zum Königreich Böhmen und im Osten fanden sich die Polen unter einem Königtum zusammen. Zwar waren die Sorben den fränkischen Königen tributpflichtige Vasallen, waren jedoch keine Untertanen des Reiches. Die Zukunft der Landstriches zwischen Dübener und Dahlener Heide war damit noch vollkommen offen. Welche Sprache wird man einmal hier sprechen: Sorbisch, Polnisch, Tschechisch oder Deutsch? Wird es ein eigenständiges sorbisches Königreich geben oder wird der künftige Herrscher in Prag oder Krakau oder in Aachen residieren? Es sollte noch gut 200 Jahre dauern bis diese Frage endgültig beantwortet werden konnte.
 

Foto Landkarte: Wie diese Karte zeigt, ist die slawische Vergangenheit des Landes zwischen Elbe und Oder noch heute Thema in der historischen Fachliteratur bei unseren östlichen Nachbarn.

Quelle: Milo`s Harangozo, Polen


Markgraf Gero_Buchtitel_Schreckenbach

Mit Schwert und Kreuz durchs Sorbenland

Der Sachsenherzog Heinrich wurde im Jahre 919 König des Ostfrankenreiches. Ihm gelang es die deutschen Stämme, der Bayern, Franken und Sachsen im Kampf gegen die wiederholt ins Land einfallenden und plündernden Ungarn zu einen. Heinrich wurde damit erster deutscher König. Außerdem schrieb er sich die seit Kaiser Karl gescheiterte Christianisierung der Sorben und deren Integration in sein deutsches Reich auf die Fahnen. Heinrich beließ es nicht bei gelegentlichen Kriegszügen durchs Sorbenland, sondern organisierte die systematische Eingliederung in sein Reich. Dem Ritterheer und den Hilfstruppen folgten Mönche und Beamte, um die althergebrachten slawischen Strukturen durch neue Herrschaften zu ersetzen. Meißen wurde ab 929/30 als Burg und Bischhofssitz zum deutschen Machtzentrum in den sorbischen Landschaften. Die Markgrafschaft Meißen war geboren. In Naumburg, Zeitz und Merseburg wurden weitere Bistümer gegründet. Die sorbischen Stammesführer stellte man vor die Wahl: Taufe und Vasall des deutschen Königs oder Tod durch das Schwert. Dokumente in den Archiven der Klöster bezeugen: Einzelne Slawenfürtsen ließen sich taufen. Wie es sich später zeigte oft jedoch nur formell, um trotz Taufe weiter ihren Naturgöttern zu huldigen. Die Beute im Sorbenland an Gold und Silber fiel für die Ritter von HeinrichI bescheiden aus. Der König belohnte und entschädigte seine sächsischen und fränkischen Ritter mit großzügigen Lehnen ehemals sorbischer Fürsten oder Rodungsland für die Erschließung neuen Ackerlandes. Als Arbeitskräfte hatten die sorbischen Bauernfamilien zu dienen. Ob hier an den Ufern des Schwarzen Grabens die sorbischen Bauern neue deutsche Herren bekamen oder christianisierte sorbische Herren behielten, ist nicht belegt. Auf Klitzschen wird 1358 mit Witbold von Heynitz ein slawisch klingender Besitzer genannt, ebenso könnte auf dem Rittergut Strelln Curd von Nytzschewicz von sorbischen Geblüt gewesen sein. Die Begeisterung für die neue deutsche Ordnung hielt sich in Grenzen. Alles eroberte Land ging in den Besitz des Königs, der Teile des Landes an Klöster verschenkte und seine adlige Gefolgschaft mit Lehen versorgte. Die Arbeit auf den Äckern, Wiesen und Weiden verblieb bei den sorbischen hörigen Bauern, Smurden genannt. Auf deren Rücken erhofften die fränkischen und sächsischen Herren, ihren neuen Wohlstand zu begründen. Heinrich I. gelang es trotz alledem nicht, andauernde Ruhe und Frieden im Land zu sichern. Ein böhmisches Heer brachte zeitweise Teile der Mark Meißen unter seine Kontrolle. Von Osten her versuchte der Polen König die Mark zu erobern. Ganze Stammesverbände der Sorben soll der Polen König mit über die Oder und Neiße gezogen haben, um sein dünn besiedeltes Land durch neue Siedler zu erschließen. Immer wieder erschütterten lokale Aufstände der Sorben den Frieden zwischen Elbe und Saale. Das mit reichlich Land versehene thüringische Kloster Memleben gab im10. Jahrhundert seine Ländereien an der Elbe bei Torgau wegen der ständigen Unruhen wieder zurück. Heinrichs Sohn, Otto I., gelang es mit seien Panzerreitern (Rittern) 966 die Ungarneinfälle auf den Lechfeld in Bayern für immer zu stoppen und gleichzeitig mit einem zweiten Heer unter Führung seines Markgrafen Gero* den gesamten slawische Widerstand bis zur Oder mit Gewalt und Arglist niederzuringen und die Slawen in das deutsche Königreich als Ostmark endgültig einzugliedern. Trotzdem blieb der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung links und rechts der Elbe aus, was nicht nur den anhaltenden kriegerischen Einfällen von polnischen und böhmischen Kriegsherren geschuldet war.

 

Foto Buchcover: Im Roman „Markgraf Gero“ hat der Klitzschener Pfarrer Paul Schreckenbach (1866-1923) dem Eroberer der Ostmark ein literarisches Denkmal gesetzt.


Mit Sack und Pack nach Osten

Die deutschen Herren in der Mark Meißen, dem ehemaligen Sorbenlande, blieben gegenüber ihren adligen Vettern in Franken, Thüringen und Bayern an Reichtum und Ansehen zurück. Als ihre westliche Verwandtschaft ansehnliche Schlösser und mächtige Burgen erbauten, erfolgreich Klöster gründeten, Städte erblühten an Rhein und Main, saßen die hiesigen Adligen zu meist noch auf von Kriegen und Aufständen mitgenommenen Gütern und Burgen. Bauern slawischer Abstammung bestellten als Hörige und Unfreie mit den ackerbaulichen Verfahren wie seit 200 Jahren die Felder. Wirklicher Wohlstand wollte sich nicht einstellen. Mit Beginn des 12. Jahrhunderts wurde es heller über unserer Region. Die kaiserliche Macht des Staufers Otto I. bescherte Friedenszeiten im Römischen Reich Deutscher Nation.

 

Handel, Gewerbe und Landwirtschaft schwangen sich auf zu neuen Höhen. In den Marken des Osten nahmen die Markgrafen gemeinsam mit den Kirchenoberen das Heft des Handelns nun vermehrt selbst in die Hand und schickten ihre Werber auf Tour durch Thüringen, Sachsen (heutiges Niedersachsen) , Franken, sogar bis zu den Flamen in den Niederlanden, um von dort unternehmensfreudige, qualifizierte junge Bauernfamilien und Handwerksleute als Kolonisatoren in unsere Gefilde zu locken. Sie trafen auf offene Ohren, denn für die zweit- und drittgeborenen Bauernsöhne wurde das Land knapp, dagegen in den östlichen Marken versprach die Aussicht auf einen eigenen freien Bauernhof Glück und Wohlstand. Im Erzgebirge fand man das erste Silber, ganze Bergarbeiterdörfer packten im Harz ihre sieben Sachen und zogen gemeinsam ins Erzgebirge zum Silberschürfen. Kleine wie große Grundherren hofften auf hohe Erträge der ankommenden Bauern, so würden ihre Einnahmen über den Zehnten und Lehnsabgaben reichlicher sprudeln. Die Kirchen und Klöster befeuerten mit entsprechenden Predigen und Reden die Herzen der Zuwanderer, die mit ihrer Arbeit im Osten ihrem Gott gefallen und ihren Familien Wohlstand bringen. Außer ihren motivierenden christlichen Glauben brachten die Neuen die Dreifelderwirtschaft, den eisernen Pflugschar, ertragreichere Getreidesorten und leistungsstärkere Haustierrassen mit. Sie kamen als freie, stolze Bauern, wollten und sollten keine Hörige und Unfreie werden. Die ansässigen Grundherren sicherten ihnen erblichen Lehnsbesitz zu. Die Kolonisatoren hatten nur den Lenhnzins (Pacht) für ihre neues Land zu zahlen und teils begrenzte, klar fixierte Leistungen für den Grundherren zu erbringen. Sie waren keine Hörige, dem Feudalherren nicht persönlich abhängig. Dies wurde sogar entgegen der ansonsten noch üblichen mündlichen Abmachungen, mancher Orts schon in schriftliche Urkunden (Verträge) festgeschrieben.


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Neue Dörfer und Felder nach Plan

Lokatoren hießen die Männer, die den Troß der Neuankömmlinge mit ihren von Ochsen gezogenen schwer mit Handwerkszeug und Hausstand beladenen Planwagen sowie den kleineren und größeren Schaf-, Ziegen- Schweine- und Schafherden anführten und zu ihren neuen Siedlungsplätzen geleiteten. Zielgenau wurden die Siedlungsplätze ausgewählt meist am Rande oder im dichten Urwald. Das offene Land war mit den sorbischen Bauern besiedelt. Sorbische Siedlungen bekamen deutsche Nachbarn. Nicht immer endete dieses Aufeinandertreffen friedlich. Zwischen Wörlitz und Dessau ist die gewaltsame Vertreibung der Sorben durch neuankommende Flamen (Niederländer) in Archiven belegt. Hier am Schwarzen Graben war viel Platz für die arbeitswilligen hoffnungsvollen Neuen. Klitzschen mit den heute wüsten Dörfern Kolbitz und Priestwitz sowie Schöna und dem heutigen Strelln mit der späteren Wüstung Rochlitz hatten sorbische Bewohner. Hier mussten sich die beiden Volksgruppen miteinander arrangieren. Die Grundherren sorgten für Ausgleich, wollten sie doch keinen ihrer bisherigen (Sorben) und künftigen Pachtzahler (Deutsche) verlieren. Andernorts entlang von Scherzen Graben, Heidelbach und Roter Furth wurden bereits Beile und Hacken geschwungen sowie Brände gelegt. Die Neusiedler begannen ihr neue Heimat in Besitz zu nehmen. Viel Zeit hatten Sie nicht, denn die erste Aussaaten mussten erfolgen und ein Dach über den Köpfen ihrer Familien musste zügig gebaut werden. Parallel dazu galt es das erste Gotteshaus zu errichten, denn Gott der Herr sollte ihr Tun segnen und alles Unheil in dem wilden unbekannten Land von ihnen abhalten.

 

Foto: Die romanische Dorfkirche Klitzschen wurde mit dem Beginn der deutschen Besiedlung im 12. Jahrhundert errichtet. Als Baumaterial diente unteranderen der rotbraune Raseneisenstein aus der Umgebung des Dorfes. Teile des Dachstuhles stammen noch aus der Zeit des Kirchenbaus.