Wildschütz

Natursteingebäude

Dort wo die Wölfe heulten

Wildschütz wäre nach C. Knabe (1887 Altertumsverein Torgau) der am frühsten genannte Ort in der Gemeinde Mockrehna. Der Torgauer Gymnasialprofessor beruft sich auf eine Schenkung des Markgrafen Konrad des Großen im Jahre 1156 an das Augustinerkloster auf dem Lauterer Berg (heute Petersberg/Wettin). Gegenstand der Schenkung sei unteranderem das Dorf Welsice, das spätere Wildschütz. Die Schenkung umfasste 9 Hufen (Bauernhöfe) und einen Wald.

 

Andere Quellen nennen das Jahr 1201(2)* als Ersterwähnung des Dorfes, ebenfalls im Zusammenhang mit dem Augustiberkloster. Die Bezeichnung Welsice bzw. Wilciz ist zwar sorbischen Ursprungs, aber an einer sorbischen Gründung in den Jahrhunderten vor dem Jahr 1201 bestehen Zweifel. Ein sorbisches Dorf entfernt von einem größerem Wasserlauf und zudem mitten im damaligen Urwald gelegen entspricht nicht den bekannten Siedlungsgewohnheiten dieses slawischen Volkes. Für eine fränkisch-sächsische Gründung spricht die Anlage des Ortes als typisches Straßenangerdorf, weiterhin seine Nähe zu den benachbarten fränkisch-sächsischen Gründungen wie Audenhain, Probsthain, Kobershain, Langenreichbach und weitere sich südlich des Schildberges anschließende Dörfer mit deutschen Namen. Die Neusiedler aus Franken und Sachsen hörten von den benachbarten Sorben oder dem deutschen Herren auf Torgau, sie würden am Wilsiz, dem Wolfsitz, dort wo die Wölfe lebten, ihre neue Heimat errichten. Diese musste inmitten des Urwaldes Skoldoch erst urbar gemacht werden. Im Urwald Skoldoch heulten des nachts die Wölfe. Die slawische Herkunft des Dorfnamens von Wilk = der Wolf, und die sich daraus ergebende deutsche Übersetzung „Wolfsheim oder Wolfsort“ steht dem nicht entgegen. Maßgebliche Historiker (Prof E.O. Schulze 1896) verwiesen auf die durchaus übliche Übernahme slawischer Geländebezeichnungen durch deutsche Siedler.

 

Foto: Hier haben das Heimatmuseum und die Ortsbücherei Zuhause. Zudem ein Raum für private und gemeinschaftliche Veranstaltungen.

 

 

 

Wie der Kartenausschnitt der Sächs. Meilenblätter (1800) zeigt, sind die Bauerngehöfte** planmäßig beiderseits des Dorfangers angelegt, in dessen Mitte ein Wasserlauf mit zwei angestauten Teichen als Wasserspender für Mensch und Tier dienten. Die Kirche mit Friedhof ist von Bauerngehöften umgeben. Die Ortszufahrten sind schmal gehalten, um diese bei Gefahr durch menschliche oder tierische Feinde (Bären, Wölfe, Wildschweine) schnell verschließen zu können. Obst- und Gemüsegärten befanden sich wegen der Vermeidung von Wildverbiss innerhalb der Dorfumgrenzung. Die Angerwiese inmitten des Dorfes war Gänseweide und Festplatz zugleich. Das Dorf funktionierte in der Gemeinschaft aller Bauern- und Handwerkerfamilien wie ein großer Wirtschaftsorganismus. So konnte man sich gleichwohl in allen Lebenslagen gegenseitig beistehen.

Dorfanger

Einiges mehr ins Licht der Geschichte von Wildschütz bringen Vergleiche mit den Nachbarorten. Ein Rittersitz oder ein Grundherr wie bei den Nachbarn in Strelln wird für Wildschütz auch in späteren Jahrhunderten nie genannt, ebenso ist kein Erbrichter wie beispielsweise in Audenhain nachzuweisen. Es ist davon auszugehen, dass Wildschütz nach der Gründung durch den Markgrafen ein landesherrliches Lehen blieb, welches somit dem Amt in Torgau steuerrechtlich und dienstpflichtig unterstand. Die Existenz eines Erbrichtergutes in Wildschütz ist ebenso nicht bekannt, darum lag mit einiger Sicherheit die Partionalgewalt (Gerichtsbarkeit) bis zur Reformation beim Kloster auf dem Petersberg, ebenso die kirchliche Seelsorge der Kirchengemeinde und nach dort ging ebenso der Kirchenzehnt.

 

Die Bauern des Dorfes blieben infolge dieser Konstellation ohne örtlichen Grundherren und somit von zusätzlichen drückenden Fronen weitestgehend verschont. Ein eigener Pfarrbereich wird im Jahre 1529 mit dem Einzug der Reformation dokumentiert.

 

Ins Blickfeld rückte Wildschütz mit der Erschließung des Steinbruches und dem damit verbundenen Bau der Eisenbahnlinie Mockrehna - Schildau im Jahre 1922. Mit 74 Tiefe gilt heute der Steinbruchsee als der zweittiefste See Nord- und Mitteldeutschlands.

*Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 10001 Ältere Urkunden, Nr. 01289

** 1747 nach ISGV: 20 besessene(r) Mann (Bauern), 2 Gärtner, 3 Häusler 1774 ISGV

 

Karte: Aus der Anlage des Dorfes Wildschütz läßt sich vieles über das Wirtschaftssystem „Dorf“ ablesen. (Siehe Text)